Barockes Kleinod - Das Linckianum
Das 1757 errichtete Rokoko-Gartenhaus in der heutigen Seeburgstraße gehört zu den Kostbarkeiten der Leipziger Baugeschichte.
Die vollständige Restaurierung und Rekonstruktion des erst Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts wieder entdeckten Kleinodes erfolgte Mitte der 90er des 20. Jahrhunderts. Es ist das letzte erhaltene Bauwerk der einst so zahlreichen Leipziger Gärten des 18. Jahrhunderts, die die Altstadt von Leipzig umsäumten und über die der junge Johann Wolfgang Goethe 1765 schwärmte:
„Die Leipziger Gärten sind so prächtig, als ich in meinem Leben etwas gesehen habe...“
Den Gartenpavillon ließ im Jahr 1757 der Besitzer der Löwen-Apotheke, Johann Heinrich Linck der Jüngere ( 1734–1807) als Sommerdomizil in der damaligen Ulrichsgasse anlegen, wobei die beiden Seitenflügel als Orangerie gedacht waren.
Linck war der Sohn von Johann Heinrich Linck dem Älteren, der Mitglied der Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Royal Society in London und des Institutes für Wissenschaft und Kunst in Bologna war. Sein Hauptwerk ist das 1733 erschienene Buch „De stellis marinis“ - die erste Monographie über Seesterne. Zu Ehren Lincks ist die Zuordnung einer Seesterngattung unter dem Namen Linckia erfolgt, die bis heute gilt.
Architektur
Wer der Baumeister des Gartenpavillons war, lässt sich aus dem erhaltenen Baubesichtigungsbericht vom 18. August 1757 leider nicht entnehmen. Den Auftrag zur Errichtung des Gartenhäuschens erhielten der Maurermeister Johann Gottfried Döring, dem vermutlich auch die Planung zuzuschreiben ist, und der Zimmerermeister Leopold Müller. Das ursprüngliche Aussehen des Pavillons konnte der Leipziger Denkmalpfleger Jens Müller anhand der Akten und der örtlichen Befunde lückenlos rekonstruieren.
Linckes Gartenhaus entstand an der hinteren Grundstücksgrenze zum benachbarten Großbosischen Garten, einem der berühmten Leipziger Barockgärten.
Mit einer Länge von ca. 21 m entsprach das Gebäude der damaligen Breite des Grundstückes. Das Gebäude bestand aus einem dreiachsigen oval vorspringendem Mitteltrakt in Mauerwerk ca. 6,90 m x 4,80 m (zweigeschossig) und zwei dreiachsigen Seitenflügeln im Fachwerk je ca. 7,00 m x 4,30 m (eingeschossig).
Die Plastizität des Baukörpers war auf die Südseite beschränkt, so dass der Eindruck eines, in Hinsicht zum Garten, kulissenartigen "halben" Hauses entstand.
Der Mitteltrakt hatte Bauchbogenfenster, während in den Seitenflügel anstelle der Gefache Gewächshausfenster eingelassen waren. Der Mittelrisalit wurde von einem kräftig geschweiften Giebel (Frontspiz) mit Rocaille-Schmuck und Löwenkopf - dem Zeichen der Löwenapotheke - bekrönt. Im Mitteltrakt befanden sich zwei ovale Säle übereinander. Der obere hatte eine Stuckdecke mit 30 Rocaille-Ornamenten.
Im Mitteltrakt waren Teile des berühmtem Naturalienkabinettes von Heinrich Linck d.Ä. untergebracht, das heute noch im Schlossmuseum von Waldenburg zu besichtigen ist. Darauf weist ein noch heute eingebauter Kabinettschrank hin.
Umbau
Die weitere Entwicklung des Pavillongebäudes ist ebenfalls gut dokumentiert. Zunächst erfolgte in den Jahren 1795 bis 1825 der schrittweise Umbau des Gartenhäuschens zum Wohnhaus mit entsprechenden Fensterverkleinerungen und Außenmauerung beidseits des Frontspizes.
1844 bis 1856 wurden seitlich Anbauten von drei Achsen bis zur Firsthöhe des Pavillons errichtet. Mit Ausnahme der Südseite des Altbaus erhielten alle übrigen Außenwände eine umfassende neugotische Scheinarchitektur durch Maurermeister Otto Steib, wobei der Gartenpavillon selbst bis dahin noch in seiner ursprünglichen Raumdisposition erhalten blieb.
Im Jahr 1877 erfolgte als gravierender Eingriff der Abbruch des Westflügels einschließlich der Erweiterung von 1844 und 1856 zugunsten der Errichtung eines dreigeschossigen Gebäudes mit Flachdach. Dabei wurden die verbleibenden Reste des Pavillons (Mittelrisalit und östlicher Seitenflügel) in einem Hinterhof regelrecht eingeschlossen und auf diese Weise konserviert.
Sanierung
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann das Gebäude mangels geeigneter Nutzung rapide zu verfallen. In den Jahren 1985 bis 1987 erfolgten dann die Beräumung des leerstehenden Gebäudes sowie bau- und denkmalpflegerische Untersuchungen und die denkmalpflegerische Bewertung für die Rekonstruktion (J. Müller).
Wegen der damals geforderten Bauaufwandminimierung wurde die Restaurierung auf die wertvollsten Teile beschränkt. Das Gebäude wurde in seinem kleinsten Ausmaß und damit im Zustand von 1757 wieder hergestellt. Die baufälligen Reste der in den Jahren 1811 bis 1877 erfolgten Anbauten wurden abgebrochen. Die ursprüngliche Symmetrie des Gebäudes wurde wieder hergestellt und die Mittelachse erhielt Architekturdekoration zurück. Nach 1990 wurden die seit langem geplanten Rettungsmaßnahmen für Linckes Gartenpavillon weitergeführt.
Zu Beginn der Rekonstruktion in den Jahren 1994/1995 konnte lediglich der Mittelteil bautechnisch gesichert werden. Die Schädigungen durch Nässeeinwirkungen waren derart groß, dass die vorhandene Holzbalkenkonstruktion gegen Stahlbetondecken ausgetauscht werden musste. Unter der neuen Decke über dem ersten Obergeschoss wurde die zuvor geborgene und ausgelagerte Stuckdecke wieder eingebaut bzw. in Teilbereichen nach den vorhandenen Originalteilen nachmodelliert. Die beiden Seitenflügel wurden neu errichtet.
Der Stiftung Denkmalschutz ist es zu verdanken, dass die Firma Siemens die Kosten der original getreuen Treppensanierung getragen hat. Die Stadt Leipzig finanzierte die Rekonstruktion, unterstützt mit Fördergeld des Landes Sachsen.
(Text entstand in Rücksprache mit dem Leipziger Denkmalpfleger Jens Müller, Mai 2011)
Heutige Nutzung
Im Linckianum sind heute die Büro- und Besprechungsräume einer Leipziger Rechtsanwaltskanzlei untergebracht (Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Hartmut Reitmann).